Leadmanagement: Die Kooperation von Sales & Marketing

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Geschrieben von
Johannes Wiese
Beitrag vom
Lesezeit
9 Minuten

Sales und Marketing:
Gegen- oder miteinander?

Bei gemeinsamen Meetings von Sales- und Marketingabteilung geht es in vielen Firmen ganz schön zur Sache: Das Marketing verlangt oftmals mehr aktives Handeln vom Vertrieb oder leitet zu wenig (potenzielle) Kunden an das Vertriebsteam weiter (Kultureller Konflikt). Dort wiederum stehen die Beteiligten aufgrund von umsatzabhängiger Bezahlung quasi unter Dauerstress und werfen der Marketingabteilung ihre Unzufriedenheit um die Ohren (Ökonomischer Konflikt). Beide Konflikte stellen mit 64% die größte Herausforderung zur Leadgenerierung dar.

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Da­bei kann es ganz ein­fach sein. Im Prin­zip müs­sen 3 Fra­gen für bei­de Ab­tei­lun­gen ge­klärt sein. Herrscht bei solch es­sen­zi­el­len Fra­gen Ei­nig­keit, steigt der Pro­fit im Un­ter­neh­men.

  • Doch wie sind die unterschiedlichen Leads intern genau definiert?
  • Wie gestaltet sich der Übergang vom Marketing an den Vertrieb?
  • Und unter welchen Voraussetzungen muss das Sales-Team aktiv werden?

Lead Definition:
Welche Leads bearbeiten wir?

Ist eine für das Unternehmen passende Definition von Leads gefunden, funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen in der Regel um 81% besser. Klar ist, dass der Begriff „Lead“ in Meetings immer eine andere Bedeutung hat, je nachdem welche Abteilung ihn gerade benutzt. Diese kontextbezogene Interpretation ist in gemeinsamen Meetings ausschlaggebend, denn sonst wird es wieder knallen.

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Der Be­griff „Lead“ ist für ge­wöhn­lich in drei Sub­ka­te­go­ri­en un­ter­teilt:

  1. Herkömmliche Leads
  2. Marketing Qualified Leads
  3. Sales Qualified Leads bzw. Sales Ready Leads

Die Lead-Definition rührt vom Qualifizierungsgrad im Sales Funnel her. Eine Unterscheidung der drei benannten Begriffe erklärt sich, wenn Sie den Verkaufsprozess aus Unternehmensperspektive und die einzelnen Schritte vom ersten, eher unspezifischen Interesse bis hin zum finalen Kauf näher betrachten.

Ein bildlicher Vergleich kommt ins Rollen!

Stellen Sie sich eine Busfahrt mit 10 Haltestellen vor! Am Startpunkt steigen viele Personen ein ohne das Sie als Busfahrer wissen, wo und warum diese an einer der weiteren 9 Stationen aussteigen. Somit sind alle noch herkömmliche Leads. Bis zur 3. Haltestelle erfährt der Busfahrer erste Details. Von einigen kennen Sie nun die Hobbys oder den Arbeitsort. Anhand dieser Informationen können Sie nun besser einschätzen, wie viel bis zur Endhaltestelle mitfahren werden. Ab der 3. Haltestelle sind noch ausreichend Mitfahrer im Bus. Also steigt Ihr Marketing zu und übernimmt die Betreuung. Vielleicht gibt es kostenlosen Kaffee oder das ein oder andere weitere Gespräch ergibt sich. Das Marketing erfährt mehr zu den Gründen der Reise und den Vorhaben nach der Endhaltestelle. Alle Mitfahrer, die nach der 7. Haltestelle noch im Bus sind, werden auf dem restlichen Weg von Ihrem Vertrieb betreut. Jetzt sollten z. B. Flyer über die Sehenswürdigkeiten oder Eintrittspreise der Attraktionen an der Endhaltestelle ausgegeben werden. Zu guter Letzt gibt es vielleicht noch eine 5-Minuten-Terrine umsonst in die Hand, damit der Hunger am Ziel nicht zu groß ist.

Herkömmlicher Lead

Lead oder herkömmlicher Lead ist eine Person bzw. ein potenzieller Interessent, zu dem es eine personen- oder
unternehmensbezogene Information gibt. Dies kann z. B. eine E-Mail-Adresse sein. Mittels verschiedener ContentFormate (wie Whitepaper oder Checklisten, spezielle Landingpages sowie Marketing Automation) wird der Lead mit
Wissen versorgt. Gleichzeitig sammelt das Unternehmen Daten zum Interessenten. Dieser Prozess nennt sich LeadNurturing. Die gesammelten Daten werden wiederum anhand zweier Komponenten bewertet:

  1. Das Qualifikationslevel (Level of Qualification) ermittelt, wie hoch das Matching des potenziellen Käufers
    mit einem der Buyer Persona ist, z. B. mittels demographischer Daten oder Informationen zum Unternehmen oder der Stellung im Unternehmen.
  2. Das Interessenlevel (Level of Interest) gibt an, wie stark die Interaktion und damit das Interesse an den zur Verfügung gestellten Informationen ist.

Marketing Qualified Lead (MQL)

Im Gegensatz zu einfachen Leads haben MQLs bereits Interesse an den Leistungen oder einem konkreten Produkt geäußert. Hinzu kommt, dass es Informationen gibt, die sich mit der Buyer Persona matchen. Das können die Fragen zur Preisbereitschaft bzw. dem Budget sein oder die Zugehörigkeit zur richtigen Branche. Besonders hilfreich ist es, zur Buyer Persona auch eine Negativ Buyer Persona zu nutzen. Diese enthält alle Ausschlusskriterien.

Sales Qualified Lead (SQL) oder Sales Ready Lead

In die Kategorie SQL zählen alle Interessenten, die anhand ihrer Aktivitäten und mit Unterstützung des Marketings ein echtes Kaufinteresse entwickelt haben. Sie haben bereits alle relevanten Kontaktdaten hinterlassen. I.d.R. ist ab jetzt eine One-to-One-Beratung notwendig, da zur Beantwortung der Fragen dieses Leads fachliches Tiefenwissen (was das Marketing nicht hat) notwendig ist.

Ausblick: Opportunity oder Chance

Hat der SQL eine klare Kaufabsicht geäußert bzw. ein konkretes Angebot angefordert, wird er eine Opportunity. Jetzt müssen die letzten Abstimmungen vorgenommen werden. I.d.R. wird hier auch nochmal über den Preis und die Leistungen verhandelt. Wichtig ist es, dass bereits in der SQL-Phase geklärt wurde, ob der Ansprechpartner auch entscheidungsbefugt ist.

Leadscroring: Wer bekommt ein Ticket für die 1. Klasse?

Wunderbar! Die Definitionen sind geklärt. Dann läuft es ab jetzt ja reibungslos. Oder doch nicht ganz? Die Definition der Leads ist nämlich nur der erste Teil der beschwerlichen Gestaltung des Lead-Managements. Für eine verbesserte Zusammenarbeit gibt es weitere, etablierte Ansätze: Ein Service-Level-Agreement (SLA) zwischen Marketingabteilung und Vertrieb definiert den Übergang der Leads. Eine solche Vereinbarung erfordert etwas Verhandlung zwischen den Abteilungen. Dafür spart es umgekehrt jedoch viel Zeit in der täglichen Arbeit. Für den Smarketing-SLA ist ein Bewertungssystem – das Leadscoring -notwendig. Die bereits aufgeführten Qualitäts- und Interessenlevel der Leads müssen bewertet werden. Das Level of Qualification betrifft dabei eher demographische Daten. Hierin werden der Unternehmenssitz des potenziellen Kunden, seine Unternehmensstruktur, die Branche, die Mitarbeiterzahl und ähnliche Aspekte festgehalten. Mit dem Level of Interest ist die pure Kaufabsicht des Kunden gemeint. In diesem Kontext ist eine einheitliche Meinung wichtig. Zudem ist ein Kriterienkatalog zu erstellen, der festlegt, welche Downloads ein tatsächlich interessierter Kunde tätigt, welche Kanäle er nutzt und wann eine große Dringlichkeit bei seiner Lösungssuche festgestellt wird.

Beispiele für Qualifikationslevel
  • Größe Unternehmen
  • Position des Ansprechpartners
  • Kompetenzen im Buying Center
  • Mitarbeiterzahl
  • Jahresumsatz
Beispiele für Interessenlevel:
  • Klicks auf E-Mails
  • Besuche von Landingpages
  • Reaktion auf Social Media Posts
  • Downloads von Whitepaper & Co.
  • Teilnahme an Events oder Webinaren

4-Fel­der-Ma­trix zum Lead­s­coring

Hohes Qualitäts-und Interessenlevel
Der Lead erfüllt alle Kriterien eines ausgereiften MQL, da die Kriterien der Buyer Persona eine hohes Matching aufweisen. Aufgrund der Interaktionen und Reaktionen auf die Content-Formate ist auch das Interesse am Produkt bzw. der Dienstleistung geklärt. Das Marketing muss jetzt noch den Fokus auf die entsprechenden Produkte bzw. Dienstleistungen lenken. Dann ist der MQL „ready“ für die Übergabe an den Sale

Hohes Qualitätslevel / Geringes Interessenlevel
Diese Kombination gibt es, wenn ein Interessent die Mehrheit der Kriterien der Buyer Persona erfüllt. Allerdings hat er wenig Interesse an den bisher angebotenen Content-Formaten gezeigt. Er hat sich vielleicht zum Newsletter angemeldet aber noch kein Whitepaper o.Ä. heruntergeladen. Der MQL im frühen Stadium muss noch weiter reifen und vom Marketing betreut werden

Geringes Qualitäts-& hohes Interessenlevel
Dieser MQL zeigt starkes Interesse am Unternehmen und den Content-Formaten. Jedoch ist sein Matching mit den Kriterien der Buyer Persona eher schlecht. Dies könnte z. B. Auf einen Freelancer zutreffen, der sich Whitepaper heruntergeladen hat. Allerdings können Ihre Produkte oder Dienstleistungen erst ab 10 Mitarbeitern genutzt werden. Dieser MQL wird demnach niemals ein SQL werden. Er kann jedoch vom Marketing zum MQL mit Empfehlerfunktion aufgebaut werden und für eine gute Reputation sorgen 

Geringes Qualitäts-& Interessenlevel
Diese Kombination ist die nahezu Schlechteste. Aufgrund des geringen Scores muss diesem non-matching MQL keine weitere Beachtung geschenkt werden. Im Gegensatz zum MQL mit hohem Interessenlevel ist die Aussicht darauf, das dieser Lead Empfehlungen ausspricht, sehr unrealistisch und nahezu unmöglich   

Analoge und Digitale Werkzeuge zusammenführen

Das Leadscoring muss in wiederkehrenden Meetings kritisch diskutiert werden. Denn nur durch das ständige Feedback der Vertriebsmannschaft kann das Marketing bessere potenzielle Kunden finden. Nachdem das Bewertungssystem steht, gilt es dieses in die genutzten Systeme bzw. Programme zu überführen.

Am häufigsten wird eine CRM Software für das Leadmanagement genutzt. Der beidseitige Zugriff auf Informationen (wie E-Mail-Konversationen mit Kunden, demografische Daten und Dokumente sowie Termine) schafft gegenseitiges Vertrauen und lässt interne Missverständnisse erst gar nicht entstehen.

Genauso wichtig ist die gemeinsame Erstellung von Content-Plänen. Viel zu häufig werden Blog-Artikel und Whitepaper vom Marketing geschrieben und in den sozialen Medien gepostet. Der permanente Terminstress im Vertrieb sorgt dafür, dass diese durch die Sales-Mitarbeiter kaum oder gar nicht wahrgenommen, geschweige denn gelesen werden. Peinlich wird es dann, wenn der Vertriebler durch den SQL zum aktuellen Whitepaper oder Artikel befragt wird.

Warum steigen immer noch so viele aus?

Für den Vertrieb ist die Qualität von Leads sehr wichtig, denn viele Personen im Vertrieb verdienen ihr Geld mit umsatzabhängiger Bezahlung. Ist die Qualität von Leads nicht gut, können keine zusätzlichen Verkaufsabschlüsse gefeiert werden und das Gehalt entspricht nicht den Erwartungen des Mitarbeiters, ergo es entsteht Frust. Im Marketing dagegen ist eine derartige umsatzabhängige Bezahlung zumeist ungewöhnlich. Der Ökomische Konflikt ist vorprogrammiert.

Und genau hier kommt es zu Reibungspunkten. Entweder ist der Vertrieb aufgrund zu weniger Kontaktmöglichkeiten unzufrieden oder das Gegenteil ist der Fall. Meist muss der Vertrieb in der Diskussion um die Lead-Definition ein wenig nachgeben. Nur dann hat das Marketing die Möglichkeit, ausreichend viele Kunden weiterzuleiten. Gleichzeitig ist ein offenes Ohr des Marketings wichtig. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, arbeiten Sales und Marketing Hand in Hand. Vertriebsleiter und Head of Marketing agieren hier als wichtiges Vorbild. Schlussendlich entsteht so aus Sales und Marketing das sogenannte „Smarketing“!

Über

Johannes Wiese
Gründer und Geschäftsführer der B2B-Agentur dotflow mit einem Faible für digitales B2B Marketing, Sport und neue digitale Geschäftsmodelle.
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